Fachgespräch zu Energiewende und Pflegenotstand

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P R E S S E M I T T E I L U N G

Politisches Fachgespräch in Buchdorf: Energiewende und Pflegenotstand im ländlichen Raum

Auf Einladung von Günther Otto, dem Vorsitzenden der PWG/FW Buchdorf, kamen am 30. Juni der Landtagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der FW-Landtagsfraktion, Johann Häusler, sowie die Baujuristin der LBB Geschäftsstelle Schwaben (Elias Holl), Melanie Schappin, zum politischen Fachdiskurs nach Buchdorf. Aktueller Anlass war das Bürgerbegehren gegen einen geplanten Investorenwindpark in der Gemeinde und die Herausforderung für ein schlüssiges Konzept einer ambulanten Betreuung der „Generation über 60“ vor Ort.

Die Initiatoren verlangten vom Landespolitiker Häusler eine klare Aussage zur aktuellen und künftigen Energiepolitik in Bayern, speziell auch der Regierungsfraktion der Freien Wähler. Häusler bekannte sich uneingeschränkt für eine dezentrale und regenerative Energiewende, die auf einem aufeinander abgestimmten Energiemix basiert.

Will Bayern sein ambitioniertes Klimaziel erreichen und gleichzeitig seine Produktionskapazitäten sichern, so ist ein unverzüglicher und rasanter Ausbau der erneuerbaren Energien oberste Priorität. Der Anteil der regenerativen Energie beträgt derzeit rund 50 %. Um bis 2040 klimaneutral zu werden und um die Treibhausgase bis 2030 um 65 % zu reduzieren, müssen insbesondere die Ressourcen Wind, Photovoltaik und Geothermie massiv ausgebaut werden.

Aktuell beträgt der Anteil von Photovoltaik 35 %, von Wasserkraft 30 %, von Biomasse 24 %, von Wind 10,5 % und von Geothermie 0,5 % am Gesamtaufkommen der erneuerbaren Energien in Bayern. Nach der aktuellen Fortschreibung des Netzentwicklungsplans 2023 – 2037/2045 bedarf es einer Verfünffachung der installierten elektrischen Leistung in Deutschland, die dann im Wesentlichen aus regenerativen Quellen gespeist wird, um den rasant wachsenden Stromverbrauch, insbesondere auch im Verkehr, künftig zu decken. Dabei wird unterstellt, dass sich bereits bis 2037 der Anteil an Windenergie mehr als verdreifacht, von Photovoltaik fast versechsfacht, die Anzahl der Wärmepumpen sich verzwölffacht und der Bedarf für die Elektromobilität um mehr als das Fünfundzwanzigfache ansteigt.

Die Wasserkraft wird als kaum ausbaufähig eingestuft und bei der Biomasse wird ein Rückgang von mehr als 50 % prognostiziert. Die große Herausforderung, das ergab die ausführliche Diskussion, ist die konkurrierende Nutzung landwirtschaftlicher Flächen, da die Energiegewinnung gegenüber der Nahrungsmittelproduktion eine deutlich höhere Wirtschaftlichkeit auweist.

Die gut besuchte Veranstaltung war sich dem Grunde nach darüber völlig einig, prioritär die vorhandenen Dachflächen und landwirtschaftlichen Ungunstflächen zu nutzen, um die Photovoltaik entsprechend auszubauen, hochwertige Flächen aber weitestgehend der landwirtschaftlichen Urproduktion vorzuhalten. Dazu dient die Fortschreibung des LEP (Landesentwicklungsplan), der Ausnahmen nur für Agrovoltaikanlagen vorsieht. Das bedeutet die Doppelnutzung von Lebensmittelerzeugung und Energiegewinnung.

Die demographische Entwicklung und der damit verbundene Anstieg an notwendigen Betreuungsangeboten insbesondere im ländlichen Raum war das zweite Schwerpunktthema des Buchdorfer Fachgesprächs. Melanie Schappin als Vertreterin der Bauwirtschaft und ehrenamtliche Sozialpolitikerin aus Gersthofen erläuterte aus der kommunalen Sichtweise ihre Erkenntnisse aus dem Stadtrat, sowie auch  als Fraktionsvositzende im Augsburger Kreistag.

Sie ging in ihrem Referat auf die Entwicklung der Baukosten ein, die insbesondere durch die ansteigenden Zinsen und knappen Ressourcen weiter in die Höhe schießen und durch öffentliche Förderprogramme nicht zur Gänze kompensiert werden können. Die größte Herausforderung stellt allerdings der eklatante Fachkräftemangel in den Pflegeberufen dar, der Investitionen oftmals in Frage stellt und dem nach ihrer Auffassung am effektivsten mittels einer besseren Bezahlung und der Errichtung zusätzlicher heimatnaher Pflegeschulen entgegengewirkt werden kann.

So würden bis 2035 deutschlandweit rund 500.000 Fachkräfte in der ambulanten und stationären Pflege fehlen. Rund 80 % aller Pflegeleistungen würden laut Schappin in den Familien und im sozialen Umfeld ehrenamtlich erbracht. Diese Menschen müssten mehr öffentliche Wertschätzung erfahren, indem sie nach ihrer Meinung durchaus als Anerkenneung ihrer gesamtgesellschaftlichen Leistung beispielsweise mit zusätzlichen Rentenpunkten bedacht werden könnten. Im ländlichen Raum nimmt die Tages- und Kurzzeitpflege, sowie die Bereitstellung betreuter Wohnanlagen eine ganz zentrale Funktion ein, um Angehörige zu entlasten und um unterstützungsbedürftigen Menschen auch kurzfristig, beispielsweise nach Krankenhausaufenthalten, eine Unterkunft und Versorgung anbieten zu können.

Interessant ist die Tatsache, dass in kleinen bis mittleren Landgemeinden derartige Investitionen mehrheitlich von privaten Investoren und Betreibern, hingegen im urbanen Raum hauptsächlich von gemeinnützigen und kommunalen Trägern getätigt werden. Melanie Schappin dankte in diesem Kontext dem Gastgeber Günther Otto für sein vorbildliches Engagement und seine beträchtliche Investition in seiner Heimatgemeinde Buchdorf bei der Errichtung und baldigen Inbetriebnahme seiner betreuten Wohnanlage für die „Generation 60 plus“. Sie nannte diese gesellschaftliche Dienstleistung im sozialen Umfeld unter Beteiligung der gesamten Familie ein großartiges Beispiel an humanistischer und persönlicher Größe.

Günther Otto erwiderte kurz: das ist und war mein persönliches Ziel, meinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln, eine Heimat in diesem Lebensabschnitt bieten zu können.